“ Have stories to tell, not stuff to show. “
Die heutige Geschichte spielt sich am Flughafen von Catania, Sizilien ab. Wir hatten uns wenigstens vier Sitzplätze am Gate ergattern können und mein lieber Ehemann nutzte die Gelegenheit, um ALLEINE die Toilette aufzusuchen. Das, nachdem jedes unserer drei Kinder an irgendeinem Gerät so vertieft war, dass der Ätna hätte ausbrechen können und sein Lavastrom bis vor ihre Füsse geflossen wäre, bevor sie kurz aufgeschaut hätten.
Das Bild, das wir abgaben, war natürlich nicht etwas, worauf ich stolz war. Aber das Reisen mit dem Flugzeug ist für mich eine riesige Herausforderung und meine Flugangst ist auch für den Rest der Familie schwierig zu ertragen. Wobei dies eine Wechselwirkung ist und es mir nun in dieser Situation auch nicht sonderlich half, wenn meine Älteste nach einem pragmatischen Blick auf das Flugzeug ihren Gedanken freien Lauf liess. “So ein riesen Ding kann doch unmöglich in der Luft bleiben.” Die Unbekümmertheit unseres Zweitgeborenen hätte dem entgegenwirken können. “Ich habe keine Angst vor einem Absturz. Wir haben ja alle Fallschirme “, sagte er zuversichtlich. Und das half nicht. So war ich in dieser Wartezeit, die mir endlos erschien, einfach nur damit beschäftigt, vor Panik das Atmen nicht zu vergessen.
Trotz all dem war ich auch dieses Mal froh, dass ich mich überwunden hatte. Mut ist Angst plus ein Schritt. Wir hatten WUNDERSCHÖNE, geschenkte Tage hinter uns. Die, sogar für sizilianische Verhältnisse, aussergewöhnlich warmen Tage hatten es uns erlaubt, friedliche Familienmomente am Meer zu verbringen. Beim Beobachten des stetigen Kommen und Gehen der Wellen kam meine Seele zur Ruhe. Wir haben ausgedehnte Familienfeiern und die Schlacht am Buffet an einer Hochzeit überlebt, die an Dramatik kaum zu übertreffen war. (Diese Geschichte alleine würde wohl einen Beitrag füllen.) Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich auch ohne zu widersprechen noch länger geblieben wäre. Der Check-in verlief ebenfalls reibungslos, obwohl unser Gepäck natürlich Übergewicht hatte und mein Mann aus Angst kein Wort mit der Dame am Schalter wechselte. Dabei ist er der Einzige, der der italienischen Sprache wirklich mächtig ist. Mein Liebster war nämlich stark erkältet und befürchtete, sie würden ihn so nicht ins Flugzeug lassen. Erleichtert gingen wir weiter zur Sicherheitskontrolle. Dort befüllten wir fast alle vorhandenen Boxen mit 5 Jacken, 5 Rucksäcken, 6 Ladegeräten, 3 Tablets, 3 Natel, 2 Gurten und 1 Nintendo. Um das Schreibetui meines Jüngsten musste ich mir dieses Mal keine Gedanken mehr machen. Die Bastelschere hatten sie uns bereits unter Protesten beider Söhne vor dem Hinflug in Basel beschlagnahmt. Anfängerfehler.
Nachdem die Kinder und ich problemlos die Sicherheitskontrolle passierten, musste mein Mann nochmals zurück. So wurde mir die Aufgabe alleine zuteil, die Gegenstände wieder zum richtigen Kind und in den dazugehörigen Rucksack zu verfrachten. Ich bekam auch nicht mit, wie er dasselbe Spiel nochmals machen musste, da mir jedes Mal, wenn ich eine Box anfasste, die Nächste auf dem Rollband in meine Finger knallte. Schlussendlich gesellte er sich doch noch zu uns auf die Treppe nach der Kontrolle, wo wir mit erhitzten Gesichtern warteten. Erst jetzt konnte er mir erzählen, dass nach all den Kontrollen sein Gurt fehlte. Das sah ich als Aufforderung und die scheinbare Teilnahmslosigkeit der Sicherheitsbeamten stachelte mich nur noch zusätzlich an. Wie eine Verrückte schaute ich in alle vorhandenen Boxen und fand nur gähnende Leere. Dieser Gurt konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Resigniert kam ich zu dem Schluss, dass ihn wohl jemand anderes aus Versehen mitgenommen hatte. Zurück bei meiner Familie, hob mein Mann meinen Pullover an, um zu sehen, ob ich nicht aus Versehen den falschen, nämlich seinen, Gurt angezogen hatte. Ich wollte gerade Luft holen, um ihm gehörig die Meinung zu sagen, erinnerte mich aber dann daran, dass ich genau das vor ein paar Minuten selber getan hatte. Ich konnte es ihm unmöglich übel nehmen. Es wäre durchaus eine Eventualität gewesen.
Nun kam er also von der Toilette zurück und stellte sich mit bedeutungsvollem Blick vor mich. “Sag den Kindern nichts. Das muss unter uns bleiben”, flüsterte er mir zu. Ziemlich unsicher darüber, was jetzt kommen würde, schaute ich ihm zu, wie er sich von den Kindern wegdrehte, was unter gegebenen Umständen völlig unnötig war, um mir seinen Gurt zu zeigen.
Nicht einmal unseren spontanen Lachanfall mussten wir den Kindern erklären. Und da sie auf anderen Kanälen unterwegs sind, werden sie wohl auch in Zukunft nicht erfahren, wenn wir wieder einmal zusammen Gegenstände verzweifelt suchen, die wir gar nicht verloren haben.
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