“ Es gibt keine perfekten Tage,
aber perfekte Momente. “ Mattia Vasta
Eigentlich gibt es auch heute bis zu diesem Zeitpunkt keinen plausiblen Grund für meine plötzlich aufkommende Zufriedenheit. Mein Sohn sitzt draussen auf der Lounge an der Sonne, vertieft in seinem Buch, anstatt in der Schule, wie der Rest seiner Klassenkameraden. Ich versuche die Ruhe zu nutzen und stehe am Spülbecken, um noch die Überreste des Mittagessens zu beseitigen. Diese Alltagssituation ist mit einer friedlichen Atmosphäre erfüllt und erinnert mich an vergangene Zeiten. Das ist eindeutig ein Screenshot-Moment.
Damals, in der Kleinkinderphase, aus der ich erst seit kurzem entlassen wurde, wusste ich oft nicht, wo mir der Kopf steht. Manchmal schien es mir, als könnte ich keinen einzigen Gedanken zu Ende denken. Dieses Gefühl hallt immer noch in mir nach und in letzter Zeit fühle ich mich wieder dahin zurückversetzt. Und jetzt kommt mir Markus Hänni in den Sinn. Im Frühling 2012 hat er ein Buch geschrieben mit dem Titel: “Eigentlich müsste ich längst tot sein.” In einem Interview erzählte er zusammen mit seiner Frau, wie sie im Alltag mit seiner unheilbaren Krankheit umgehen und was sie durch sie alles gelernt haben. Unter anderem ist dies die Fähigkeit, kostbare Momente zu erkennen und sie im Herzen festzuhalten. Einen innerlichen Screenshot machen, nennen sie das.
Das hat mir in dieser Zeit geholfen. Einerseits hatte ich nicht mehr den Anspruch, dass sich an einem Tag lauter perfekte Ereignisse aneinanderreihen mussten, um am Abend ein gutes Gefühl zu haben. Von diesen Tagen gab es herzlich wenige und es hätte mich nur weiter deprimiert. Andererseits hat es meinen Blick geschärft und meine Wahrnehmung auf die guten Dinge gelenkt. Wer sucht, der findet. Diese flüchtigen Momente, als Bilder eingefroren in meinem Herzen, wie kleine Perlen zu sammeln, hat meine Seele mir gedankt. Ein weiser Rat, von einem Menschen, der mit dem Bewusstsein lebt, dass seine Tage gezählt sind. Das sind meine aber auch, obwohl dieses Wissen nicht immer so präsent ist. Und diese kostbaren Momente sind schnell verstrichen und können auch unbemerkt bleiben.
Was für ein Geschenk, dass dieses Geheimnis nun auch zu meinem Sohn durchgedrungen ist. In seiner Welt, in der so vieles schief gehen kann, könnte das seine neue Geheimwaffe werden. Der Gedanke daran, dass auch er einen Perlenschatz in sich ansammelt, tröstet mich. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Schatzsuche ihm mehr bringen wird, als alle Französischwörter der Welt, ist Gott sei Dank recht gross.
Erich Bärtschi meint
Es ist jedesmal ein besonderes Erlebnis deine Geschichten zu lesen. Ich bin sehr beeindruckt wie du mit der Situation umgehst. Ich bin stolz auf dich.
Deborah Liechti meint
Danke Daniela. Du hast den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen. Bleiben wir alle mutig darin abends im Bett unsere ein, zwei Screenshots vom Tag zu geniessen und dafür dankbar zu sein. Wundervoller Gedanke!