“Good enough is the new perfect.”
Ich finde, wir haben unsere Ansprüche schon sehr herabgesetzt. Die Erwartungen, was an einem Tag zu schaffen ist, sind mit jedem Kind noch etwas weiter gesunken. Ein nicht ganz einfacher wenn nicht sogar schmerzhafter Lernprozess. Und er ist auch noch nicht abgeschlossen. Ab und zu blickt noch die kinderlose Version unser Selbst vorbei oder es gibt Bereiche, die sich der Veränderung hartnäckig widersetzen. Wie der komplexe Vorgang des Abwaschmaschine einräumen.
Mein Anvertrauter gehört zu den ganz Wenigen, die wissen, wie es richtig geht. Bis anhin lebte ich in der naiven Annahme, dass mir dieses Küchengerät einfach lästige Arbeit abnimmt. Es stellt sich heraus, dass es eine ernst zu nehmende Kompetenz ist, die ich mir unbedingt noch aneignen sollte. Mein Mann würde sich gnädigerweise sogar bereit erklären, uns ein Instruktionsvideo zur Verfügung zu stellen, um sein kostbares Wissen mit der breiten Masse zu teilen.
Umso grösser ist da natürlich meine Freude, als ich eines schönen Morgens die Hälfte eines Kopfsalates im Brotkasten entdecke. Es hat mich viel Selbstbeherrschung gekostet, den Tatort nicht zu fotografieren. 2 Wochen nach dem Geburtstag unseres Sohnes finde ich im Keller neben den Kartoffeln auch noch die Überreste der Torte, die ich für ihn gebacken hatte. Hätte ich ihr noch länger keine Beachtung geschenkt, wäre sie mir wohl bald selber auf der Treppe entgegen gekommen.
Den kalten Kaffee finde ich am Abend brav unter der Kaffeemaschine. Man sollte so ein Brett erfinden, das so lange piept wenn der Kaffee fertig ist, bis man die Tasse wegzieht. Aber wahrscheinlich würde ich sie dann spät abends einfach an einem anderen Standort unberührt auffinden.
Neulich rief mich eine ältere Dame im Migros freundlich zurück zur Kasse und ich war schon in den Startlöchern, um ihr behilflich zu sein. “ Wollen sie nicht noch ihre Einkäufe mitnehmen? “, fragte sie mich stattdessen. Ich war wohl nach dem Bezahlen so erleichtert, den Einkauf ausnahmsweise ohne grösseren Tobsuchtsanfall meines Jüngsten geschafft zu haben, dass die Nahrungsmittel zweitrangig wurden und ich sie einfach dort liegen gelassen hatte.
Die Fenster sollten geputzt und die Bettwäsche gewechselt werden. Die Unterhosen darf man selbst direkt aus dem Trockner holen oder man kauft Neue. Ich habe mal gehört, man könnte sie zur Not auch noch verkehrt herum tragen. Das geht mir dann doch zu weit.
Allgemein darf ich aber schon immer noch lernen, dass zwischen einem Beitrag im “ Schöner Wohnen “ und dem Einschreiten der KESB wegen Gefährdung der Gesundheit ein ziemlich grosser Handlungsspielraum besteht. Die Spannung ist wohl auch eher Innerlich zwischen dem Zustand, den ich gerne hätte und dem, was möglich ist. Es stört mich auch nicht immer gleich stark. Allgemein ist dieses “ Gut genug “ langsam unser neues “ Perfekt “ geworden. Wir gehen davon aus, dass Jeder sein Bestes gibt in der Chaoszentrale und das muss reichen. Gleichzeitig lehrt es uns, barmherzig zu sein. Mit uns selber und mit den Anderen. Diese Eigenschaft sollte nicht wie das Wort selber aus der Mode kommen. Wenn man sich den eigenen Unzulänglichkeiten zudem bewusst ist, bekommt dieses Gefühl noch mehr Tiefe.
Das Unmögliche schaffen wir nicht, das werden wir nie. Also bleiben wir weiterhin gut genug und überlassen den Rest dem, der alles kann.
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