Alles hat seine Zeit.
Prediger 3.1
Seit Jahren sind meine Kinder meistens mein Wecker. An die Intensität des Weckrufes, den ich nicht umstellen kann und die nicht vorhandene Schlummerfunktion werde ich mich wohl nie gewöhnen. Von 0 auf 100 in einer Sekunde. Nach solchen fulminanten Auftakten fällt es mir schwer, meinen Puls wieder zu normalisieren.
Oft geht es im gleichen Rhythmus weiter. Auch an diesem Tag scheint gar nichts nach meinen Vorstellungen zu laufen. Aber als Mutter von 3 Kindern bin ich mir das gewohnt und ich reagiere völlig gelassen. NICHT. Ich liebe es nach wie vor, wenn ein Plan funktioniert. Nur hat sich mein Dreijähriger heute scheinbar auch einiges vorgenommen, und ich habe den Verdacht, dass unsere Pläne keinerlei Berührungspunkte haben werden. Während ich die Wäsche nach unten bringe, schnappt er sich unbemerkt das Fleischgewürz und so finde ich ihn beim Zurückkommen im Eingangsbereich wieder, wie er genüsslich mit einem Finger wahrscheinlich nicht nur das von ihm Verstreute wieder aufschleckt, sondern auch gleich noch den getrockneten Matsch, den seine Geschwister seit Tagen von der Schule heimbringen. So mache ich in der Bewältigung des Haushaltes einen Schritt vor und zwei wieder zurück. Ich konnte mich noch nie für Standardtänze begeistern. Anstatt mich aber über meine fehlende Gelassenheit zu ärgern, packe ich meinen Sohn ins Auto und fahre mit ihm zum Altersheim.
Auf der Fahrt dorthin muss ich an einen Test denken, den ich einmal in einer Zeitschrift im Wartezimmer meines Gynäkologen gemacht habe. Anhand der gestellten Fragen konnte man herausfinden, für wieviele Kinder man geeignet ist. Meine finale Punktzahl ergab Folgendes: Es wäre am besten, wenn ich KEINE Kinder haben würde. Manche Menschen in meinem Umfeld würden dem vielleicht sogar beipflichten. Wenn ich mich hätte von diesem höchst aussagekräftigen Test beraten lassen wollen, hätte ich ihn wohl machen müssen, BEVOR ich Kinder hatte. Aber ich entscheide mich lieber auf diese leise Stimme zu hören, die mir sanft zuflüstert, dass scheinbar der Höchste selbst anderer Meinung war. Warum sonst hätte er mir meine 3 anvertraut?
Auf dem Spielplatz kommt meine aufgewühlte Seele langsam etwas zur Ruhe. Die Menschen hier haben einen gemächlicheren Lebensrhythmus und etwas davon scheint sich auf mich zu übertragen. Prince charming wird angesprochen und sie fragen ihn nach seinem Namen. Wie er sie ansieht mit seinen braunen Kulleraugen würde niemand auch nur erahnen, zu welchen Schandtaten er fähig ist.
Beim grossen Brunnen mit dem Wasserrad fällt mir zum ersten Mal eine beschriftete Säule auf. „ALLES HAT SEINE ZEIT“ wurde dort in den Stein gemeisselt. Wie wenn jemand diese Botschaft genau für mich unauslöschlich dort deponiert hätte. Mit dem Plätschern des Wassers sickert diese Wahrheit in mein Herz. Es kommt die Zeit, da wird es ruhiger werden in unserem Haus. Im Moment kann ich es mir noch nicht so richtig vorstellen. Aktuell fühlt es sich eher an, als würde ich ein Oreo essen, während ich die Zähne putze. Treten an Ort.
Vielleicht ist es an der Zeit, mir von meinen Kindern das Tanzen beibringen zu lassen. Dass wir dabei nirgends hinkommen, würde ich gerne als Lüge entlarven.
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