“ Give us this day our daily bread. “
Nur weil heute Sonntag ist und dazu noch Pfingsten, heisst das noch lange nicht, dass dieser Tag sich in seinem Potenzial auszuarten von den Übrigen unterscheidet. Im Gegenteil. Genau weil man die Erwartungen so hoch ansetzt, fällt man umso tiefer. So brauche ich nach intensiven, heftigen Wutausbrüchen, sinnlosem Geschrei, Vorwürfen und sonstigen ausgesprochenen Schimpfwörtern und den mühsam zurückgehaltenen restlichen negativen Emotionen etwas, das mich zur Ruhe kommen lässt.
Also mache ich mich ans Brot backen. Auf den ersten Blick scheint das wenig geistlich und es mag auch eigenartig anmuten, aber Brot zu backen hat mich einiges gelernt.
Mein Liebster ist erstens der Ansicht, dass Brot zu den Dingen gehört, die man immer in irgendeiner Form zu Hause haben muss. Es zählt für ihn zu den Grundnahrungsmittel und wir haben schon manchen Streit vom Zaun gebrochen, weil nur noch wenig davon übrig war und die Läden bald schlossen. Die Lage hat sich deutlich beruhigt, seit ich immer ein Brot im Gefrierfach habe oder notfallmässig mit Trockenhefe eins zaubern kann.
Weiter lehrt mich Brot, dass es tatsächlich zutrifft wenn wir sagen: “ Gut Ding will Weile haben.” Natürlich würde ich das nicht unbedingt einer schwangeren Frau sagen, die bereits zwei Tage über dem errechneten Geburtstermin ist ( so schon selber erlebt ). Aber in den meisten Fällen pflichte ich dem bei. Der Teig braucht Zeit und Ruhe um aufzugehen. Und das ist schon der nächste Punkt, der mich fasziniert und dieser Vorgang spricht zu mir. Ohne mein Zutun und im Verborgenen geschieht etwas. Spätestens im Ofen und wenn alles so gelaufen ist, wie gewünscht, wird offensichtlich, dass es eine Fehlannahme war, dass scheinbar nichts geschehen ist. Die Hefe hat ihre Arbeit getan. Was für ein kraftvolles und hoffnungsvolles Bild für meinen manchmal doch ziemlich monotonen Alltag. Auch wenn ich vorerst und von blossem Auge nichts erkennen kann, passiert doch Veränderung, Wachstum und Dinge werden zurechtgerückt.
Das wenige Salz, das zum Mehl und den restlichen Zutaten beigefügt wird, hat mir seine Wichtigkeit beim Backen meines ersten Dreikönigskuchen bewiesen. Als ich das Prachtstück stolz aus dem Ofen holte, wurde mir plötzlich mit Schrecken bewusst, dass ich das Salz vergessen hatte. Erst dachte ich, das sei sicher nicht so schlimm, es war ja ein süsses Brot. Aber beim ersten Bissen wurde ich eines Besseren belehrt. Es war fad und schmeckte nach…Nichts eben. Glücklicherweise konnte man das auf den Fotos nicht erkennen und so durfte fröhlich gepostet werden. Es scheint also, als hätte jede Zutat ihre Berechtigung, auch wenn es nur wenig davon ist. Und das fehlende Salz bleibt definitiv nicht unbemerkt.
Die letzte Lektion mag ich eigentlich gar nicht so gerne und auf der anderen Seite eben doch. Wie eine Fremdsprache, die ich lernen muss, wenn ich in das Land meiner Träume reisen will. Es kann nämlich durchaus vorkommen, dass ich mich an das Rezept halte oder alles genauso mache wie immer, und trotzdem kommt es nicht gut. Brot unterliegt keinem logischen System. Du hast keine Garantie, dass am Schluss alles gut kommt, auch wenn du dich an die Vorgaben gehalten hast. Das macht mich dankbar, wenn es knusprig und herrlich riechend auf dem Gitter auskühlt. Die misslungenen Exemplare schenken mir das Bewusstsein, dass ich nicht auf alles einen Einfluss oder die Kontrolle habe. Aber die schaffens dann halt natürlich nicht auf facebook.
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